App Marketing Strategie Teil 2 – Die Vermarktung einer Freemium-App

App Install Ad

Es gibt zahlreiche und teils sehr unterschiedliche Ansätze bei der Vermarktung von Apps. Viele Strategien sind stark von Produkt und Zielgruppe abhängig, was sich in der Kommunikationsstrategie und den Werbemitteln widerspiegelt. Im Folgenden gehe ich auf ein Paar strukturelle Basis-Abläufe ein, die bei den meisten Kampagnenstrategien als Grundlage dienen können. In diesem Artikel gehe ich speziell auf die Vermarktung einer Freemium App ein.

Eine Freemium App wird kostenlos zum Herunterladen im App Store angeboten. Der User hat die Möglichkeit das Produkt im Free-Usage-Bereich kostenfrei zu testen. Nach der Installation hat er meist Zugang zu den kostenfreien Grundmodulen. Weitere Module können nach einem In-App-Kauf erworben werden. 

TIPP: Viele Entwickler verlagern diesen Checkout-Prozess für die In-App-Käufe aus der App heraus (Web Check Out), um die Verkaufsprovision von Apple und den PlayStore zu umgehen.

Bevor wir mit Paid-Kampagnen beginnen

Im vorherigen Artikel App Marketing Strategie Teil 1 – die Vorarbeit haben wir über die notwendigen Schritte gesprochen die erledigt sein sollten, bevor man mit bezahlten Kampagnen beginnt.

Zusammenfassend solltest du insbesondere die Folgenden Punkte beachten:

  • Verbessere das Produkt und dessen Usability
  • Sorge für die nötige Stabilität der App
  • Verbessere das Design der App
  • Sorge für gute Bewertungen und Reviews
  • Optimiere die App Store Keywords (ASO)
  • Optimiere das visuelle Erscheinungsbild im App Store (App Icon, Screenshots, Beschreibungstext)

Nachdem die Vorarbeit erledigt ist kann die App Kampagnen planen. Folgende Fragestellungen sollten im Vorfeld ebenfalls geklärt werden.

  • Wer ist ist meine Zielgruppe (Buyer Persona). Was sind ihre Wünsche, Ziele, Bedürfnisse, Probleme? Auf welche Fragestellungen bietet mein Produkt eine Antwort? Welchen Medien konsumieren meine Buyer-Persona? Wie sollte ich sie richtig ansprechen und auf welchen Kanälen?
  • Welche Kampagnenziele verfolge ich? Welche KPIs lassen sich daraus ableiten?
  • Wie hoch soll das Media Budget sein?
  • In welchen Regionen will ich die Werbung ausspielen?

Erst wenn diese Fragen geklärt wurden kann ein Mediaplan samt einer Channel-Auswahl und einer Budgetverteilung erstellt werden. An dieser Stelle empfiehlt es sich ein Abteilungs- und Fachübergreifender Workshop.

Es gibt zwei wesentliche Customer-Journey-Phasen bei der Vermarktung einer Freemium App

Um über die richtigen Kanäle und eine zielgerichtete Retargeting-Strategie entlang der Customer Journey sprechen zu können muss als erstes ein Verständnis über die zwei wichtigsten Funnel-Stages geschaffen werden.

Bei der Vermarktung einer Freemium App gibt es zwei wesentliche Kampagnen Phasen. Die Kampagnen-Stages vor dem App Install, um den Nutzer zur Installation zu bewegen und die Kampagnen nach der Installation, um den User zum Kauf zu animieren.

Kampagnen Stages vor dem App Install 

Im klassischen E-Commerce Marketing und vor allem bei höherpreisigen Produkten sind die Customer Journey Funnel oft lang und bestehen aus vielen Touchpoints. Der User durchläuft hierbei verschiedene Kampagnen-Stages (Awareness, Consideration, Conversion, Retention) bevor er sich zu einem Kauf entscheidet. Je weniger die Produkte kosten und je weniger erklärungsintensiv diese sind desto kürzer die Conversion-Funnel. Letzteres gilt insbesondere für Installationen von kostenfreien Apps. Die Installationen sind sehr oft Impulsgetrieben und bedürfen meist keiner Awareness Stage.

Direkte App Install Kampagnen 

Die direkten App Install Kampagnen stellen den größten Teil der App Kampagnen dar. Durch ihre direkte Kommunikation, klare Call to Action (CTA), auf die Conversion ausgerichtete Optimierung und die immer besser werdenden Algorithmen (KI) erreichen die direkten App Install Kampagnen überwiegend die besten Ergebnisse. 

Folgende Netzwerke kann ich empfehlen:

Priorität 1

Priorität 2

  • Diverse App Affiliate Netzwerke (Bitte auf die Traffic Qualität achten)
  • Influencer Performance Netzwerke 

Bei App Install Kampagnen sieht die Mechanik meist recht einfach aus:

  • Budget Definition
  • Zielgruppen Definition (bei manchen Kanälen entfällt auch das)
  • Geografische Eingrenzung
  • Wahl des Events auf welches optimiert wird (Install, Registration etc.)
  • Hochladen der Werbemittel (das ist übrigens einer der wichtigsten Hebel)
  • Go

Testkampagnen sind notwendig um das Media-Budget optimal zu verteilen

Üblicherweise funktionieren die drei Kanäle Google UAC, Facebook Ads und Apple Search Ads am besten. Diese schalte ich bei meinen Kunden als erstes. Dabei sollte jeder Kanal (je nach Zielgruppengröße) nicht unter 2.000 € – 3.000 € Media Budget im Monat für den Test bekommen, um genug Conversion-Daten sammeln zu können. Nachdem diese Kanäle ihre Lernphase abgeschlossen haben kann ein Budget- und Zielvorgaben-Forecast erstellt werden. Gleichzeitig wird das Media-Budget unter diesen Kanälen (je nach Performance) aufgeteilt.  

Ganz wichtig: Ich rate meinen Kunden immer zu genau dem oben beschriebenen Vorgehen. Oft werde ich nach Vergleichszahlen gefragt. Eine Einschätzung ist selbst auf Basis von Erkenntnissen vermeintlich ähnlicher Apps sehr schwierig und nicht seriös. Es gibt zu viele externe Faktoren wie die Markenbekanntheit, App-Qualität, Kommunikative Idee / Werbemittel, die den CPX in völlig unterschiedliche Richtungen bewegen können. Wären die Kosten pro Installation oder Kosten pro Sale aus einer Glaskugel abzulesen, würden sich Businesspläne von alleine schreiben…

Diese drei Kanäle (Google, Facebook, Apple) liefern nach der Testphase hervorragende Benchmarks für die Bewertung weiterer Test-Kanäle. Für diese weiteren Tests solltet ihr immer ein zusätzliches Media-Budget-Topf zur Verfügung halten. Es ist wichtig die bereits gut funktionierenden und eingespielten “Grundrauschen-Kampagnen” budgetär nicht zu beschneiden um Neues zu testen! Sollte sich ein Test-Kanal als ebenso performant erweisen wie die drei Benchmark-Kanäle, dann sollte dieser mit in die Grundrauschen-Kampagnen aufgenommen werden. Gleichzeitig sollte das Media-Budget erhöht werden. Das Test-Budget sollte hingegen weiterhin unangetastet werden um weiterhin neue Kanäle und Kampagnen auszuprobieren. Auf diese weise schafft ihr es das Media-Budget zu skalieren, bei konstant positiven ROAS

Braucht man eine Awareness Stage im App Marketing?

Bei kostenpflichtigen Apps ist die Informations- und Entscheidungsphase üblicherweise etwas länger als bei Freemium-App-Modellen. Auf die Vermarktungsstrategien von kostenpflichtigen Apps gehen wir in einem separaten Artikel zur Vermarktung von Paid Apps ein.

Freemium Apps haben eine deutlich kürzeren bzw. kaum vorhandenen Awareness und Consideration Part vor der App Installation, da die Apps kostenlos heruntergeladen und ausprobiert werden können. Viele App-spezifische Kampagnenarten wie z. B. Google UAC oder die Facebook App Ads sind per se direkt auf eine Conversion (Install) ausgelegt und beinhalten keine mehrstufigen Kampagnen-Stages und Strategien (kein Priming – Reminding). Bei Google UAC  z. B. wird lediglich das Budget festgelegt und die demographischen Merkmale. Die Findung der passenden Zielgruppen passiert KI-getrieben, auf Basis der Learnings von User-Interaktionen mit den Werbemitteln. Die Kampagnen optimieren eigenständig auf einen festgelegten CPI, CPA, CPS.

Eine pauschale Aussage, dass bei der Vermarktung einer Freemium-App keine Awareness Stage notwendig ist nicht ganz zutreffend. Eine App die eine starke Marke aufgebaut hat erzielt bei den Performance-Kampagnen deutlich bessere Conversion-Raten und somit günstigere CPX. Oft sieht man z. B. in den U-Bahn-Waggons App Werbung oder App Werbespots im TV. Diese Offline Maßnahmen spielen sehr stark auf die Wahrnehmung einer App-Marke ein und haben einen sehr positiven Einfluss auf die online stattfindenden Kampagnen.

Braucht man eine Awareness Stage? Ja, sie ist von sehr großem Vorteil für die Performance Kanäle aber nur wenn das zur Verfügung stehende Media Budget groß genug ist. Falls das Budget überschaubar klein ist dann ist es ratsam keine Awareness Kampagne zu schalten. Ohne entsprechende Marktdurchdringung verpuffen die Awareness-Kampagnen. In solch einem Fall sollte jeder verfügbare Euro in App Install Ads investiert werden.

Priming & Reminding Kampagnen-Framework bei Apps

Es gibt verschiedene Customer Journey Modelle. Vereinfacht kann man auch vom Priming und Reminding Framework sprechen. Hierbei wird beim ersten User-Kontakt (Priming) das Interesse geweckt und beim Zweiten (Reminding) idealerweise die Conversion (Install) erreicht. Trotz der zuvor erwähnten niedrigeren Wertigkeit von Priming-Kampagnen kann es verschiedene Gründe geben diese zweistufigen Modelle in Betracht zu ziehen:

  • Wenn das Produkt erklärungsintensiver ist und die App Store Page diesem Informations-Wunsch nicht nachkommen kann (wenig Platz, eingeschränkte Designmöglichkeiten).
  • Wenn wir unterschiedliche Zielgruppen individuell ansprechen möchten. Die einzelne Store Landingpage bietet nur die Möglichkeit eine homogene Zielgruppe anzusprechen.
  • Gewisse Kampagnen wie zum Beispiel die Google Search Ads, Google Display Ads, YouTube Ads lassen sich nicht mehr direkt auf den App (Play) Store ausrichten. Diese Kampagnen wurden durch die vollautomatischen Google UAC Kampagnen ersetzt. Will man dennoch individuell bestimmte Keywords, oder Inventare buchen  muss man die Kampagnen auf die eigene Webseite lenken und von dort aus erst in den App Store.

Das sind drei Gründe um keine direkten App Install Ads zu schalten und den Traffic erst auf die eigene Webseite und spezifische Landingpages zu verweisen. Auf der Webseite haben wir viel mehr kommunikative Möglichkeiten. 

Man sollte natürlich immer im Auge behalten ob direkte App Store Install Ads eine bessere Performance aufweisen als Kampagnen über den Website-Umweg. In manchen Fällen oder bei bestimmten spezialisierten Kampagnen kann das der Fall sein. 

Reminding Kampagnen = Retargeting

Reminding-Kampagnen stellen technisch gesehen Retargeting-Maßnahmen dar, sprich die Wiederansprache eines bereits zuvor erreichten Nutzers. Das tun man um die Werbewirkung zu verstärken oder den noch nicht entschlossenen First-Touchpoint-User zu der gewünschten Conversion (Install) zu bewegen.

Sinnvolle Retargeting-Audiences könnten sein: 

  • Der Website-Besucher der nicht installiert hat wird erneut angesprochen.
  • Eine Interaktion mit einem Video auf z. B. Facebook wird erneut targetiert, da ein Interesse vermutet wird.

Retargeting Kampagnen sollten selbstverständlich zu jedem App Marketing Mix dazugehören. Folgende Punkte sollte jedoch beachtet werden:

  • Nicht jeder Seitenbesucher, oder nicht jeder Video-Start ist gleichzusetzen mit einem Interesse. Viel mehr solltet ihr einen so genannten Engaged-User bilden. Hierbei handelt es sich um eine individuelle Engagement-KPI wie z. B. Seitenverweildauer + Scrolling-Tiefe oder ein Video-View von z. B. 90 Prozent. Ihr solltet nur die tatsächlich interessierten User ansprechen, um das Retargeting-Budget zu schonen.
  • Die App Installationen die über die Webseite gekommen sind werden im App Tracking der Quelle-Webseite zugerechnet. Das ist auf den ersten Blick plausibel, allerdings blendet diese Betrachtung die ursprüngliche Quelle der Kampagne aus, über die der User auf die Webseite gekommen ist. Das lässt sich mit einer kleinen Modifizierung des App Trackers auf der Webseite ändern. 

Kampagnen Stages nach der App Installation

Wie bereits beschrieben stellt die Installation bei einer Freemium App lediglich den ersten Schritt dar, hin zu einem monetären Umsatz. Damit sich der User in der App registriert, das erste Probe-Package ausprobiert und bezahlte Folge-Features nutzt bedarf es eines durchdachten UI-Konzepts und andererseits einer funktionierenden Retargeting-Strategie entlang der in-App-Customer-Journey. Folgende Retargeting-Phasen sehe ich als wichtig an. Ein User hat:

  • installiert aber nicht registriert,
  • registriert aber kein Free Feature genutzt,
  • Free Feature genutzt aber den Checkout-Prozess eines Paid Features nicht begonnen,
  • den Checkout-Prozess begonnen, aber noch nicht abgeschlossen
  • ein Paid Feature genutzt,
  • Die App X-Wochen nicht genutzt, trotz vorher häufiger Paid Feature Nutzung,
  • hat die App deinstalliert.

Diese und weitere Usage-Merkmale kann und sollte man in der App tracken. Hierfür werden in der App (an entsprechenden Stellen) Tracking Events gesetzt. Auf dieser Basis können individuell Traffic-Bewertungs-KPIs wie auch Retargeting-Listen erstellt werden. Nach dem  Auslösen dieser Steps kann der User entweder eine in-App-Push-Nachricht bekommen, oder mit Werbebotschaften z. B. bei Facebook oder im mobilen Google-Display-Netzwerk (Admob) angesprochen werden.

Diese in-App-Retargeting-Schritte sind ungeheuer wichtig um aus dem Free-App-Usage-Nutzer Umsatz zu generieren.  

TIP: Du solltest ebenfalls meinen Beitrag zu der Vermarktungsstrategie einer Paid App lesen, auch wenn du eine Freemium Applikation vertreiben möchtest. Dort findest du den einen oder anderen Tip, der auch in deinem Fall von Bedeutung sein kann.

Solltet Ihr unterstützung bei der Planung eurer Kampagnen und der Media-Verteilung haben kommt gerne auf mich zu.

Verwendetes Bildmaterial: App Vectors by Vecteezy